Vieles, und da nehme ich mich nicht aus, ist in der Bewertung vom Ergebnis abhängig. Spielt Union zum Beispiel gut und verliert durch ein kurioses Tor, dann diskutieren wir selten das gute Zusammenspiel der Mannschaft. Thema ist der in dem Moment entscheidende Zweikampf. Der war, wie wir hinterher besser wissen, spielentscheidend. Ist der verlorene Zweikampf nicht spielentscheidend, vergessen wir ihn gleich.
Im RIAS sang Ewald Wenck 1950 für Die Insulaner das Lied „Wenn zwei dasselbe tun“ mit folgendem Refrain:
Wenn zwei dasselbe tun, dann ist das nicht dasselbe.
Was an der Oder stimmt, stimmt lang’ nicht an der Elbe.
Hau ich in Deine Suppe, dann ist das fortschrittlich.
Haust Du in meine Suppe: „Du Hund! Dit darfste nich!“
Denn macht ihr, was wir machen, machen wir Skandal.
Wenn zwei dasselbe tun, dann ist es nicht egal.
Gleiches ging mir gestern durch den Kopf, als Uwe Bremer von der Berliner Morgenpost vom Training der Hertha berichtete. Ein Zusammenprall zwischen Lasogga und Raffael. Leider fehlt uns die Superzeitlupe, um zu wissen, ob es ein Foul war oder nicht. Und so müssen wir uns auf die Berichte vom Training verlassen.
Viel interessanter ist aber die Reaktion von Markus Babbel darauf, der sagte: „Wir spielen Fußball und kein Schach. So was kann passieren. Lasogga ist voll motiviert, er hat heute gleich vier Spieler tätowiert.“ Das verleitet die BZ dazu, heute süffisant zu schreiben: „Es scheint, als ob sich Edel-Techniker Raffael noch immer nicht an gesunde Zweikampfhärte gewöhnt hat.“
Demgegenüber sei an die Aussage von Younga-Mouhani erinnert, dessen Zusammenprall mit dem Bochumer Matias Concha live im Fernsehen übertragen wurde und ungleich schlimmere Auswirkungen für den getroffenen Spieler hatte. Der sagte beim übertragenden Sender Sport1 direkt nach dem Spiel: „Ja, das ist Fußball. Ich kann nur sagen: Gute Besserung! Mehr kann ich nicht sagen. Weil das tut mir auch leid. Das ist Sport. Das ist so. Die Dinge kommen so. Ich oder er. Einer von uns muss in den Ball reinkommen. Aber wenn ich das so sehe, das ist ganz gefährlich.“
Ich würde gerne wissen, was passiert wäre, hätte man die Aussagen von Markus Babbel und Macchambes Younga-Mouhani vertauscht.
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Also ja, der Gedanke ist charmant, die beiden Situationen zu vergleichen. Aber dennoch: klassischer Äpfel-Birnen-Vergleich. Denn Brüche des Schien- und Wadenbeins als Wirkungen eines Zweikampfes ist doch wirklich etwas anderes als ein Pferdekuss. Man kann also wirklich nicht von einer Gleichheit oder auch nur Ähnlichkeit der Ereignisse ausgehen, weshalb die Aussagen nach den Ereignissen auch nicht miteinander vergleichbar sind.
Was @Enno sagt.
@enno @bunki Natürlich könnte ich einwenden, dass man ohne weiteres Äpfel mit Birnen vergleichen kann. Das kann man sogar sehr gut. Denn ein Vergleich bietet die Möglichkeit den Blick für die Gemeinsamkeiten (beides Obst, beides sogar Kernobst) und die Unterschiede (Form, Obstsorte) zu schärfen. Aber es gibt einen Punkt jenseits rhetorischer Spielereien, auf denen ich hinweisen möchte.
Im ersten Absatz sprach ich davon, dass wir Ereignisse gerne von ihren Auswirkungen her betrachten, also wenn sie bereits geschehen sind. Das Ergebnis würde ich in dem Fall außen vor lassen. Denn die schwere Verletzung von Concha soll hier gar nicht bagatellisiert werden. Aber die Äußerungen der beiden (Babbel und Younga) nach den beiden Vorfällen sind interessant. Babbel nennt Lasoggas Einsteigen „tätowieren“ und wird medial noch mit „gesunder Zweikampfhärte“ gestärkt. Ich würde gerne wissen, ob Babbel das Einsteigen auch noch tätowieren nennen würde, wenn einer seiner Spieler danach nicht mehr einsatzfähig wäre. Ob ihm da von der Zeitung noch so freundlich sekundiert werden würde, steht auch in den Sternen.
Younga hingegen wurde genau das zum Vorwurf gemacht. Dem O-Ton von ihm ist das Entsetzen beim Betrachten der Szene ohne Zweifel anzumerken. Aber reduziert wird er auf „Das ist Fußball“, während anderswo zum Satz „Fußball ist kein Schach“ applaudiert wird. Das ist bigott und wird nur deshalb so bewertet, weil die eine Szene freundlicher ausgeht als die andere. Und diese Bigotterie betrifft nicht nur Medien, sondern auch Trainer und uns Fans. Darum ging es in dem Text. Denn nicht das Einsteigen wird jemals in Frage gestellt, sondern das Ergebnis des Einsteigens. Als ob ein Spieler mit der Absicht, den anderen zu verletzen, in einen Zweikampf gehen würde.
Insofern teile ich deinen Vergleich, ja. Aber dafür hätte es noch einen Absatz gebraucht, der das eindringlicher auseinanderhält.
Anyway, Babbel ist ein echter Populist, der keine Gelegenheit auslassen kann, sich mit dämlichen Kraftmeier-Sprüchen zu profilieren. Die Presse applaudiert. Wi-der-lich!
Soweit ich mich erinnern kann, habe ich im Podcast genau vier Möglichkeiten genannt, die Mac in der Situation gehabt hatte. Insofern ist das keine Reduzierung auf „Das ist Fußball“.
Wie mir scheint, ignorierst du immer noch die Tatsache, dass Mac ein Foul begangen hat. Und die Tatsache, dass Union den Freistoß bekam, widerspricht dem nicht mal. Es ght dabei ja auch um eine zeitliche Komponente. Wenn Concha da so reinschliddert, ist das gefährliches Spiel. Ergo Freistoß für Union und nicht für den alten Schweden. Da kann dann das schwere Foul von Mac nur noch persönlich geahndet werden, weil es temporär nachrangig begangen wurde. Hier lag für mich der Schiri-Fehler, dass Mac ungeschoren davon kam.
Bigotterie kann ich nicht erkennen. Ein gesunde Zweikamphärte gehört in der Tat dazu. Wir werfen ja auch Mosquera vor, dass er die zu selten an den Tag legt. Aber haben wir damit zum Foulspiel aufgefordert? Wohl kaum …
Und das Foul an Raffael, hm, getsrecktes Bein wird es wohl kaum gewesen sein, wenn der Pferdekuss im Oberschenkel stattfand. Auch kein bewusstes Foul, sondern eher der ungestüme Versuch, einen Ball erobern zu wollen.
Wie ich es auch drehe und wende, ich seh da nix vergleichbares.
Und weißt du was? Das ist auch gut so. Das ist Fußball, dass man darüber endlos diskutieren kann.
Am meisten stört mich der Antivergleich, Fußball sei kein Schach. Kasparow nannte Schach den brutalsten Sport überhaupt, und ich weiß wovon der redet. Ok, das ungeübte Auge sieht die Verletzungen nicht, manche brauchen Tage und Wochen, Andere werden verrückt davon.
Soll bitte keiner erzählen, ein Pferdekuß am Oberschenkel hätte nicht auch das Kniegelenk zerstören können, so als wäre der Tritt zentimetergenau gezielt gewesen.
ich finde Sebastians Bild sehr gelungen.