Mittwoch Nachmittag in Berlin-Köpenick. Ein Tross von Journalisten auf der Suche nach Themen, die nicht bereits seit einer Woche durch die Zeitungen geistern. Auf den Gesichtern ist Müdigkeit zu erkennen und der Wunsch, das Spiel möge endlich vorbei sein. Dieses Spiel, dass so stark elektrisiert, dass die ersten bereits ausgebrannt wirken.
Trainer Uwe Neuhaus und Teammanager Christian Beeck beten auf der Spieltagspressekonferenz vor dem Derby die Punkte hinunter, die jeder mit dem Begriff Derby verbindet: Leidenschaft, Enthusiasmus und Kampfgeist bei der Mannschaft. Auf den Rängen Kreativität und Rivalität. Und für das Konto drei Punkte. So lautet der Dreiklang. Aber so könnte er vor jedem Spiel lauten. Ein einziges Mal stört Neuhaus den beruhigenden Lauf der immergleichen Phrasen, als er die Neuschöpfung vom „friedlichen Gegeneinander“ einbringt.
Es herrscht Routine. Ein ganz normales ausverkauftes Spiel im Stadion an der Alten Försterei. Man möchte auch einmal wieder in Führung gehen. Ja, Jérôme Polenz werde sehr wahrscheinlich für das Spiel ausfallen. Man habe mit Rauw und Menz Alternativen in der Hinterhand. Und was ist mit Paul Thomik? Das könne man noch nicht sagen. Denn überraschend hat sich auch Union ab heute Abend für ein sogenanntes Geheimtraining entschieden.
Uwe Neuhaus muss innerlich sehr starke Schmerzen haben, als er gefragt wird, welche Unterschiede er zwischen den Derby im Westen mit Dortmund-Schalke und dem Berliner Stadtderby sehe. Aber anstatt zu antworten, dass der große Unterschied sei, dass das Berliner Stadtderby so noch nie stattgefunden habe, antwortet er geduldig. Aber nichtssagend.
Am Ende die Hinweise aus der Sicherheitsbesprechung der beiden Vereine und der Polizei. Natürlich sei das Spiel ein Sicherheitsspiel. Aber das läge am ausverkauften Stadion und nicht am Derby. Eine Fantrennung werde es sicherlich nicht geben, solange die Lage friedlich bleibt. Solch eine Trennung durchsetzen zu wollen, sei bei einem Stadtduell auch illusorisch, meint Pressesprecher Christian Arbeit. So gibt es auch keine Maßnahmen gegen den angekündigten Fanmarsch der Herthaner. Gänzlich ungewohnt setzt die S-Bahn sogar vollständige Züge nach Köpenick ein. In einer dermaßen von der Bahn gebeutelten Stadt wie Berlin allein schon eine Schlagzeile wert.
Am Ende rollen die Fotografen mit ihren Koffern wieder weg. Es gab die gleichen Bilder wie auf jeder Pressekonferenz. Die Radiojournalisten holen noch ein paar O-Töne. Für etwas Abwechslung sorgt der BBC World Service bei einem Interview. Aber sowohl Trainer als auch Teammanager sind schnell verschwunden. Ein Pflichttermin vor einem Bundesligaspiel. Eine Viertelstunde lang. Nicht mehr. Es wird Zeit, dass angepfiffen wird.
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na hauptsache dit essen hat geschmeckt
… muss wohl gut gewesen sein :)