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Das Finale in Berlin ist etwas besonderes.

Das Pokalfinale in Berlin sei etwas besonderes, wird oft gesagt. Warum das so ist, wird dabei allerdings mit keiner Silbe erwähnt. Wenn nicht gerade die beiden Stammfinalisten Werder Bremen und Bayern München aufeinandertreffen, ist die Teilnahme für die Vereine an sich ein Höhepunkt in ihrer Geschichte. Dazu müsste das Finale aber nicht in Berlin sondern könnte auch in Köln, Hamburg oder Düsseldorf stattfinden. Es ist wohl etwas besonderes, weil der Gang nach Berlin ritualisiert wurde. So gibt es das merkwürdige Synonym vom „deutschen Wembley“ für das Berliner Olympiastadion. Wobei zum Leidwesen der Berliner Hertha das Olympiastadion nicht wie das englische Vorbild abgerissen und neugebaut wurde.

Das besondere für den Berliner, der in den letzten 30 Jahren nur Amateurmannschaften aus seiner Stadt hat im Finale des DFB-Pokals stehen sehen, ist das Betrachten der Fangruppen tagsüber. Diese irren biertrinkend und singend durch die Stadt ohne auch nur ansatzweise ein sogenanntes Stadtzentrum inklusive Fußgängerzone zu finden. Eine große Berlin-Klassenfahrt, die immer noch meint, in Berlin spiele sich das Leben auf dem Kurfürstendamm ab. Ansonsten gilt auch hier das stoische Motto des Ureinwohners: „Mir kann keener, aber mich könn’se alle!“

Zum Klassentreffen wird das Pokalfinale auch für die Sportjournalisten. Einmal jährlich treffen sie sich in Berlin. Bei Kartoffelsuppe werden Schultern geklopft und dieses Jahr im speziellen das Foul von Kevin-Prince Boateng an Michael Ballack diskutiert. Ein polnischer Kollege fragt interessiert nach den Gründen für die katastrophale Saison von Hertha. Und auch er entrüstet sich darüber, dass in Deutschland ausgerechnet die Hauptstadt keinen Vertreter mehr in der ersten Liga habe. Eine Steilvorlage, die Berliner mittlerweile blind doppelt versenken können. Zunächst der sachte Hinweis, dass Deutschland nicht das einzige europäische Land ohne Hauptstadtklub ganz oben sei. Schließlich würde der FC Vaduz auch nicht in der ersten Liga kicken. Während sich das Gegenüber verschluckt, wird gekonnt hinterhergeschoben, dass vor 1990 auch niemand einen Stammplatz des Bonner SC eingefordert hätte.

Zum Finale werden die jeweiligen Stadionsprecher der Vereine eingeladen. Eine gut gemeinte und besondere Idee. Aber gut gemeint bleibt trotzdem das Gegenteil von gut gemacht. Schon zuvor hatte der eigentliche Stadionsprecher Animationsversuche gestartet, die an ein Kinderpuppentheater („Kann ich mal die Fans vom SV Werder Bremen hören?“) erinnerten. Durch die geringe Zeit, die den vereinseigenen Stadionsprechern zur Verfügung stand, wirkten beide wie gestresste Animateure während eines Kluburlaubs im Mittelmeer. Zusätzlich wurde von der Stadionregie jeder Versuch unternommen, Gesänge der Anhänger nicht aufkommen zu lassen. Unschöner Nebeneffekt: Auch Gespräche mit dem Nachbarn waren so nur noch mit gepflegtem Gebrüll durchzuführen.

Zu Beginn zeigten an diesem nasskalten Abend die Bremer eine Chroeographie, die misslang. Letztlich bekamen die Anhänger der Bayern einen jubelnden Bremer Spieler neben einem nass herumhängenden Bremer Hemd zu sehen. Ein Symbolbild der besonderen Art. Auf der Gegenseite verzichteten die Bayern auf eine eigene Darstellung, da ein Sponsor Vereinsfähnchen verteilt hatte, und dadurch die teure Choreographie nicht zur Geltung gekommen wäre. So wedelten die Roten mit ihren Winkelementen wie in der DDR das Fußvolk, wenn es am 1. Mai an der Ehrentribüne vorbeimarschierte.

Etwas besonderes war das Spiel auch für eine Delegation ukrainischer Polizisten. Diese weilten in Umkehrung zur bekannten Losung „Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen“ dem Finale bei, um sich von den deutschen Kollegen zeigen zu lassen, wie eine Großveranstaltung hierzulande durchgeführt wird. Auf die Frage, ob sie angesichts der Probleme im Land noch mit einer Ausführung der Europameisterschaft 2012 in der Ukraine rechneten, antworten sie überzeugt: „Natürlich! Klar!“ Ebenso überzeugt gaben sie sich von einem bevorstehenden Bremer Sieg. Seit Viktor Skripnik für den Klub gespielt hat, sind offensichtlich sämtliche Sympathien der ukrainischen Fußballfans den Bremern zugefallen. Erschwerend hinzu kam, dass sie sich sehr genau an das 3:3 Ausgleichstor in der letzten Minute durch Carsten Jancker im Hinspiel des Halbfinals der Champions League zwischen Dynamo Kiew und Bayern München erinnerten. Der Groll auf Jancker ließ sich auch nicht durch einen Verweis auf Oleg Blochins Tor gegen die Bayern vertreiben. „Das ist zu lange her.“ Während des Spieles pressten die ukrainischen Polizisten immer wieder die gleichen Worte heraus: „Bestie. Bestie.“ Doch zum Schluss standen auch sie und applaudierten der besonderen Leistung des FC Bayern.

Der Besuch dieses besonderen Endspiels wurde durch die Sportredaktion des Berliner Kuriers ermöglicht, der wir an dieser Stelle recht herzlich für diese Möglichkeit danken.


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3 Kommentare zu “Das Finale in Berlin ist etwas besonderes.

  1. Mal abgesehen davon, dass eine solche Steilvorlagen-Verwandlung eben eher nicht von den Insulaner praktiziert wird, kraft Selbstüberzeugung gar nicht kommen kann, sondern eher den Altbundesländern entspringt, stimme ich dir aus vollstem Herzen zu. Und spendiere hiermit zur Feier des Tages das passende Lied (und nein, keine Angst, es ist nicht der „Stern des Südens“): http://www.youtube.com/watch?v=0tYNwhobr8E

  2. Und dass mit Anatoliy Tymoshchuk ein Ukrainer auf Münchner Seite spielt (zumindest ab und zu), hat die ukrainischen Gäste gar nicht interessiert?? Ts.

  3. […] Das Finale in Berlin ist etwas besonderes. at ***textilvergehen*** Während des Spieles pressten die ukrainischen Polizisten immer wieder die gleichen Worte heraus: “Bestie. Bestie.” (tags: dfbpokal werder bayern) […]

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