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Sinnentleerte Rituale

1. FC Union Berlin gegen Tennis Borussia Berlin. Das war die Paarung des Finales im Berliner Pokal. Die Beziehung der beiden Vereine zueinander ist nicht einfach. Selbst jetzt, einige Tage nach dem Spiel, ärgere ich mich noch maßlos. Kaum geht es einmal gegeneinander, was in den letzten Jahren eher selten war, wird schnell die Mauer in den Köpfen wieder aufgebaut.

Auf der einen Seite stehen die vermeintlichen „Wessis“, die sich mit dubiosen Sponsorengeldern (Göttinger Gruppe; Treasure AG) an der Verfestigung ostdeutscher Nachwendestereotype beteiligen („…wer lässt sich nicht vom Westen kaufen…“). Alles was seit den Wendejahren schiefgelaufen ist, wird dann auf den Charlottenburger Klub projiziert und entlädt sich in Rufen wie „Lila-Weiße Westberliner Scheiße!“ Dazu kommt noch die unsägliche Verknüpfung der Vereinsfarben von Tennis Borussia mit sexuellen Orientierungen, die zu homophoben Gesängen führt. Selbst das schöne, weil irgendwie berlinerische Ritual, das Vorlesen der gegnerischen Mannschaftsaufstellung mit einem geschlossenen „Na und!“ zu kommentieren, fällt bei solch einem Spiel aus. Da wird wie in vielen Stadien leider üblich dann auf einen anderen Begriff verwiesen.

Auf der anderen Seite steht der tumbe „Ossi“, der zum Betrügen zur Erfüllung bürokratischer Erfordernisse unfähig ist. Dazu gesellt sich das Bild des xenophoben und homophoben Bewohners Neufünflands, der im Stadion seiner Frustration freie Bahn lässt.

Auf der Strecke bleibt dabei eine objektive Auseinandersetzung. Eigentlich könnten sich beide Vereine relativ egal sein. Sie spielten selten in der gleichen Liga. Es gibt wenig Berührungspunkte. Dass eine gefälschte Bankbürgschaft aufgeflogen ist, reicht meines Erachtens nicht für eine dauerhafte Fehde. Ebensowenig glaube ich, dass es bei Union noch eine Gruppe gibt, die mit rechtsextremen Schmähungen auch nur einen kleinen Teil der Anhänger hinter sich scharen oder verbal das Stadion dominieren könnte. Auch wenn manche das selbst bei Union anders sehen, ist der Klub kein typischer Vertreter eines Ostvereins. Phantomschmerzen ob vergangener Erfolge in der DDR gibt es nicht. Dazu gab es schlicht keine (Chronistenpflicht: einmal Pokalsieger). Dem sogenannten sozialistischem System stand der Anhang eher abgeneigt gegenüber.

Es wäre also einmal an der Zeit, die jeweils jahrelang eingeübten Vorurteile zu überprüfen und ein normales Verhältnis zueinander aufzubauen. Freundliche Gesänge während eines Spiels der anderen Seite hinüberzuschicken ist die eine Sache. Danach trotzdem gemeinsam ein Bier trinken zu können, wäre mein erwünschtes Ziel.


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