Ich war zwischen vorgestern und jetzt auf der Internetkonferenz ohne Internet*, drum blieb es etwas still hier. Mal muss man ja auch kucken, was das für Leute sind, die alle Tage das Netz vollschreiben. Ob die wirklich so blaß und schlecht genährt sind, wie immer alle denken. Ob die nur tech und klingonisch sprechen.** Ob das Internet tatsächlich bloß eine gigantische Kopiermaschine ist. Ob die Unterhaltung stirbt, wenn die Unterhaltungsindustrie stirbt. Wie aus kulturgeschichtlicher Perspektive Grimms Märchen und wikipedia zusammenhängen. Und was genau persuasives Webdesign wäre.
re:al
Die re:publica gibt es in Berlin seit 2007, sie beschäftigt sich mit Themen der Netzkultur und Netzpolitik, und wenn man, so wie ich, immerzu mit diesem Internet rummacht, ist es nicht die weltweit schlechteste aller Ideen, sich mit anderen, die genau das ebenfalls tun, zu treffen.
re:mmidemmi
Man kann Glück haben, dabei. Und ich hatte Glück. Ich habe nur liebenswerte und bezaubernde Menschen getroffen. (Den un-liebenswerten, nicht-bezaubernden habe ich kurzerhand das Gespräch verweigert.) Gestern abend auf der Twitterlesung kam ich mittenmang @stijlroyal, @kcpr, @wollbindung, @AF_Blog, @ghostdog19 und @helrunar zu sitzen, was stijroyal so beschrieb:
Ich saß doch zwischen @rudelbildung unf @af_blog. Das sah doch aus wie King Kong mit zwei weißen Frauen. Das muss man doch sehen.
Ich fand, wir ham ihn sehr hübsch eingerahmt. Und überhaupt, die ganze Twitterlesung – sehr hübsch!
re:alsatire
Man kann Pech haben, dabei. Und Pech hatte ich ebenfalls. Ich verirrte mich gleich am ersten Tag auf ein Panel, das an den Spreepark erinnerte. Dinosaurier. Umgefallen. Es ist nett, wenn Helmut Lehnert, den ich im übrigen außerordentlich schätze, sich an die erste Webseite von Radio Fritz erinnert – aber mal ehrlich: Viel Wasser. Die Spree. Runter. Seitdem. Dann geschah Seltsames: Die Twitterwall funktionierte (weil @343max zaubern kann), und Publikumsäußerungen wurden darüber unmittelbar und ungefiltert eingeblendet. Es waren Äußerungen des Unmuts. Das anfängliche „oh, ich bin drin“ wich flugs einem nörgeligen „Könnten die Diskutierenden ihrem Gespräch bitte den Kenntnisstand von 2009 zugrunde legen?!“, das fließend in allgemeinem Gepöbel mündete, bevor das Publikum begann, seine eigene Parallelshow zu veranstalten. Die Geschichte des Webzwonull – nacherlebt in einer Viertelstunde.
re:izwörter
Man kann außerdem etwas haben, wo man nicht richtig weiß, isses Glück, isses Pech, und Peter Glaser kann man sowieso finden, wie man möchte, aber sein Schiedsrichterbeispiel im Kontext von „Veränderung passiert“ ist zumindest sehr anschaulich:
Zu den neuen Regeln gehört, dass wir mehr Positionen zulassen müssen als bisher. Die Lage ist komplex. Der Schiedsrichter bei einem Fußballspiel ist ein Inbild der alten Zeit. Er ist mit seiner singulären Sicht auf dem Spielfeld in einer wesentlich schlechteren Position als jeder Zuschauer vor dem Bildschirm. Der Schiedsrichter ist sozusagen aussichtslos. Er betrachtet die Welt immer noch von seinem vereinzelten Standpunkt aus, der einen heute angesichts der elektronischen Multiperspektive hoffnungslos ins Hintertreffen geraten läßt. In kritischen Situationen auf dem Spielfeld muß der Schiedsrichter aus seiner subjektiven Position heraus entscheiden, obwohl ihn eine beunruhigende Medien-Objektivität umgibt: Der träge Zuschauer auf dem Sofa sieht im Lauf der nächsten Sekunden die Situation aus unterschiedlichen Kamerapositionen, in Zeitlupe wiederholt, vielleicht noch grafisch verstärkt, und kann sich ein – dem Fußball angemessenes – rundes, ganzheitliches Bild machen.
[Peter Glaser: In was für einer digitalen Gesellschaft wollen wir leben?]
Danke, aber danke nein, ich möchte jetzt NICHT über den Videobeweis diskutieren. Dinge verändern sich, und manche werden sogar besser. Andere nicht, und manche sterben. Die machen das aber nicht von selbst, die Dinge. Und deswegen bin ich Gestalter geworden.
In diesem Sinne, re:ingehauen!***
*Das Copyright auf diese Bezeichnung hält der Spielmacher. Zu Recht wird allerorten kritisiert, dass wir Blogger gar keinen eigenen Content produzieren, sondern immer bloß abschreiben. Notfalls voneinander. Ich bin auch so eine, aber das wisst ihr ja längst.
** Ich entschuldige mich bei Mario höchstpersönlich, vorab und in aller Form: Kein Durchkommen bei solchen Themen ohne Englisch. Klingonisch gabs nur deshalb nicht, weil das kein past tense hat, hieß es.
***Steht so auf meinem T-Shirt. Ist mir natürlich auch nicht selbst eingefallen. Dank und Kirschblüten an Sebastian!
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