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Das Team von Urs Fischer kommt trotz fehlender Fans überraschend gut klar

Mittlerweile dürften es wohl alle mitbekommen haben: Das Derby gegen Hertha steht an. Neben einem erhöhten Rauschen im Blätterwald und seinen dazugehörigen Online-Auftriffen gibt es meist noch ein anderes Indiz, welches auf Hertha als nächsten Gegner schließen lässt: Robert Andrich steht nochmal mehr im medialen Fokus.

Klar, auch in den letzten Wochen wurde über Andrich als zweitbesten Torschützen und Leistungsträger, der noch einmal einen großen Leistungssprung gemacht hat, nicht gerade wenig berichtet. Doch genau wie im letzten Jahr ist der gebürtige Potsdamer und in der Hertha-Nachwuchsabteilung ausgebildete 26-Jährige gerade in der Derby-Woche ein sehr gefragter Gesprächspartner.

Ich weiß nicht wie oft Robert Andrich nun schon auf seine Charlottenburger Vergangenheit angesprochen wurde und ob er das Thema mittlerweile nervig findet. Bei der gestrigen Medienrunde wurde er glücklicherweise aber auch zu anderen Themen befragt.

Robert Andrich: Im Derby. Vor Fans. Foto: Matze Koch

Vor allem seine Aussagen zum Umgang der Mannschaft mit den Geisterspiel-Kulissen fand ich interessant. Nach anfänglichen Problemen mit fünf sieglosen Spielen in Folge (kein leichter Spielplan) nach dem Re-Start, holte die Mannschaft in den letzten vier Spielen der Vorsaison noch drei Siege. Diese Spielzeit scheint sich der Trend fortzusetzen. Natürlich liegen die besseren Ergebnisse nicht nur in der Anpassung an die gespenstige Atmosphäre begründet. Der Spielplan, aber vor allem auch die Qualität der Neuzugänge und der damit verbundene spielerische Fortschritt (neue Spielidee) sind sicherlich mindestens ebenso wichtige Faktoren.

Ich denke, dass wir bei uns in Spielen ohne Zuschauer einen Riesenschritt nach vorne sehen im Vergleich zur Vorsaison. Schlimm genug, dass wir damit leben können und es gewohnt sind.

(Robert Andrich über fehlende Fans)

Dennoch ist es schon überraschend, wie gut die Mannschaft mit der fehlenden Unterstützung (ausgenommen sind natürlich die Anfeuerungsrufe in manchen Spielen hinter der Waldseite) zurechtkommt. Gerade bei einem Verein wie Union hat die Symbiose zwischen AnhängerInnen und Team oft eine entscheidene Rolle gespielt und zu manch verlorengeglaubten Sieg geführt. Derzeit scheint die Mannschaft von Urs Fischer jedoch auch aus dem Teamgefüge genügend Energie zu ziehen, sodass sie bei Rückständen bzw. Rückschlägen ruhig bleibt und sich gleichzeitig ausreichend pushen kann.

Gerade Teams wie Schalke oder Köln, die seit dem Re-Start null respektive ein Spiel gewonnen haben und auch von einer guten Stimmung im Stadion leben, haben diese Umstellung scheinbar nicht so gut hinbekommen (es gibt natürlich auch noch andere Gründe!).

Trotz dieser Erkenntnis halte ich es natürlich mit Urs Fischer und hoffe, dass wir möglichst bald im Stadion vielleicht noch mehr aus dem Team herauskitzeln können als es das gerade schon selbstständig tut.

Interview mit Urs Fischer

Das Zitat von Urs Fischer stammt aus einem Interview mit dem Schweizer Tages-Anzeiger (Paywall). In dem Interview geht es vor allem um die Frage, ob sich das Bild der Öffentlichkeit über Urs Fischer durch Christoph Biermanns Buch „Wir werden ewig leben“ verändert hat.

Während die Fragesteller immer wieder der Meinung sind, dass Unions Schweizer Trainer durch das Buch demnächst neue Jobangebote erhalten wird, ist sich Urs Fischer dahingehend nicht so sicher. Lieber spricht er über die Selbstreflexion, die durch das Buch angeregt wurde. So hat Fischer hinsichtlich der Spielanalysen einiges mitgenommen: „Man wird daran erinnert, dass nicht immer alle alles verstehen. Also muss man nachfragen, nochmals erklären, individualisieren.“

Urs Fischer mit Buchautor Christoph Biermann, Foto: Matze Koch

Außerdem ist Fischer nicht darüber enttäuscht, dass er zum Teil in Deutschland unterschätzt wird bzw. wurde: „Im Fußball ist es nicht unbedingt ein Nachteil, wenn man unterschätzt wird.“ Mögliche Verschleißerscheinungen in der Arbeit mit der Mannschaft ordnet Fischer zudem realistisch ein: „Je länger man zusammenarbeitet, umso mehr Abnutzung bringt das mit sich. Wir müssen uns ständig entwickeln und gleichzeitig gewissen Grundsätzen treu bleiben. Sonst wirkst du unter anderem nicht mehr authentisch.“

Dass Urs Fischer nicht mehr authentisch wirkt, kann ich mir kaum vorstellen. Und auch die Änderung des Spielstils trägt bestimmt dazu bei, dass sich der Stil des Union-Trainers weniger schnell abnutzt und die Mannschaft „wach“ bleibt. In Hinblick auf eine längere Verweildauer in Berlin-Köpenick steht einer Vertragsverlängerung von Urs Fischer also nichts im Wege.

Nicht nur das Blätterrascheln und der Fokus auf Robert Andrich haben es verraten. Auch im Stadtbild gab es Hinweise auf den anstehenden Gegner.

In der Nacht von Montag auf Dienstag hat Hertha – wohl über eine PR-Agentur – Fähnchen an einigen Orten in der Stadt platziert. Ich fand die Aufregung (auch in Teilen der Union-Twitter-Blase) ehrlich gesagt etwas übertrieben. Klar, den sinnlosen Müll finde ich auch nicht gut. Ansonsten aber zeigt die Aktion doch nur, dass Hertha alles versucht um irgendwie an Relevanz zu gewinnen. Für mich wirkt die in einigen Medien als „Guerilla-Aktion“ hochstilisierte Maßnahme eher etwas verzweifelt. Am besten wir nehmen sie also mit Humor.

Weitere Medienberichte:

Und sonst so

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Durch den Brexit wird die Premier League wahrscheinlich zwar nicht ihre zumindest finanziell betrachtet exponierte Stellung unter den Top-Ligen verlieren. Jedoch verschärfen sich die Regelarien beim Verpflichten von Spielern aus der Europäischen Union. Hier findet ihr die neuen Vorgaben.

 

6 Kommentare zu “Das Team von Urs Fischer kommt trotz fehlender Fans überraschend gut klar

  1. Evtl. nehmen sich die Fans ja auch wichtiger, als sie in Wirklichkeit sind ……

    • Kann nicht sein. Ich bin selber Fan und weiß, wovon ich rede :D

  2. Dennoch ist es schon überraschend, wie gut die Mannschaft mit der fehlenden Unterstützung (ausgenommen sind natürlich die Anfeuerungsrufe in manchen Spielen hinter der Waldseite) zurechtkommt.

    So eine Aussage empfinde ich abwertend und fühle mich als Fan von Dir persönlich angegriffen.

    Egal ob 30 oder 50 Fans hinter der Waldseite. Jeder einzelne Ruf unterstützt die Mannschaft.

    Wieviele Punkte haben wir denn geholt mit diesen Anfeuerungsrufen hinter der Waldseite?

    • Felix Morgenstern

      Sorry, aber da hast du mich missverstanden oder ich mich vllt. auch missverständlich ausgedrückt… Es ging mir ja gerade darum zu erwähnen, dass es halt doch Unterstützung gab, diese aber natürlich ganz anders aussah und sich auch anders angehört hat, als wenn die AF voll wäre. War also null als Kritik sondern positiv gemeint.
      Trotzdem ist die Situation ja eine andere als vor der Pandemie. Und auf die scheint sich die Mannschaft mittlerweile gut eingestellt zu haben.

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