Für mich war das die Szene der bisherigen Saison. Wie Sebastian Polter nach seinem Tor zum 2:1 erst zum Jubeln hochsprang und dann die Fäuste ballte und mehrfach einfach nur schrie. Es schien, als würde er alles Schlechte aus sich herausbrüllen. Ein Schrei, der diese elendige Serie von 8 sieglosen Spielen in Folge vertreiben sollte. Und ganz ehrlich: Alle im Stadion taten es Sebastian Polter gleich. Die Unsicherheit, die Mannschaft, Verein und Anhänger befallen hatte, wurde weggebrüllt. Und nach Schlusspfiff in einer wahnsinnig intensiven Partie stand vor allem Erleichterung. Die Ruhe nach Ende der Partie habe ich genauso empfunden. Alle mussten mal Luft holen und sich sortieren.
Ich musste etwas in mich hineingrinsen, als Düsseldorfs Trainer Friedhelm Funkel nach der Partie in der Pressekonferenz sagte: „Union hat eine sehr emotionale Leistung gezeigt, der eine oder andere Spieler zu emotional.“ Das sagte der gleiche Trainer, der zuvor vom Schiedsrichter persönlich ermahnt wurde, weil er das Spielfeld betreten hatte und der danach einen direkten Freistoß gegen seine eigene Mannschaft verursacht hat, weil er den Ball auf dem Spielfeld spielte. Das alles kommt in einer als Artikel getarnten Schiedsrichterschelte der Rheinischen Post allerdings nicht vor.
Union begann mit Dreierkette und stellte zur zweiten Hälfte auf eine Viererkette um, bei der Michael Parensen gemeinsam mit Felix Kroos die Doppelsechs bildete. Während Union ebenso wie Düsseldorf in der ersten Halbzeit kaum zu nennenswerten Abschlüssen auf das Tor kam (wenn ich mich nicht verzählt habe, hatte Düsseldorf exakt einen Schuss auf Daniel Mesenhölers Tor im gesamten Spiel und das war gleich ein Treffer), änderte sich das aus Unionsicht in der zweiten Hälfte. Liefen gerade die Außenverteidiger Trimmel und Pedersen mangels Anspielstationen den größeren Teil des Spiels noch viele Meter mit Ball am Fuß, änderte sich das Bild nach dem 1:1 durch Steven Skrzybskis Strafstoßtor grundlegend. Plötzlich wurden Pässe gespielt und die Offensive von Union zeigte, was für eine Wucht in ihr steckt, wenn sie erst einmal in Fahrt kommt. Düsseldorf gelang es in den ersten 45 Minuten noch, die Anspiele auf die Angreifer von Union im Prinzip nur zuzulassen, wenn die mit dem Rücken zum Tor standen, so dass sie sich erst drehen mussten und keinen Schwung aus Sprints mitnehmen konnten. Das Bild änderte sich in der zweiten Hälfte mit zunehmender Spieldauer. Eine genauere und viel ausführlichere Analyse gibt es drüben bei Eiserne Ketten.
Hier sind die Artikel der Berliner Medien zum Spiel:
- Siege gegen Düsseldorf Skrzybski lässt die Steine poltern (Kurier)
- 3:1 gegen Düsseldorf! Erster Union-Sieg nach drei Monaten (BZ)
- Union besiegt Spitzenreiter Fortuna Düsseldorf (Morgenpost)
- 3:1 gegen Düsseldorf – Der 1. FC Union kann noch gewinnen (Tagesspiegel)
- Nach 98 Tagen gelingt Union der Befreiungsschuss (RBB)
- Nachschuss Ein Moment zum Genießen (Kurier)
- Emotional Day: Kreilach’s Farewell, 3:1 vs. Düsseldorf (Union in English und auf Deutsch hier)
Fotos vom Spiel findet ihr hier:
Emotional geriet der Abschied von Damir Kreilach sowohl für Damir selbst als auch für uns alle. Eine Bilderserie der Verabschiedung mit vielen Grüßen von den Rängen findet ihr hier. Ich war erstaunt, wie sehr sich Sebastian Polter nach seinen Urschreien im Griff hatte und nach seinem Treffer sich das vorbereitete Trikot von Kreilach geben ließ. Auf jeden Fall hat der Angreifer einen Sinn für ikonische Fotos (ich erinnere nur an die vielen Fotos, die ihn in Erlösergeste nach Toren zeigen):
Was mich außer Düsseldorfer Lamentieren und Fallenlassen noch genervt hat gestern: Die Blitzbirne, die einen Böller von der Waldseite warf und dabei beinahe Unionspieler getroffen hat (Grischa Prömel hielt sich noch eine Weile sein Ohr). Böller sind zurecht in allen Fanszenen geächtet. Der Böller hätte auch direkt Kinder vorne am Zaun oder Ordner und Fotografen dahinter treffen können. Ich hoffe sehr, dass die Person gefasst und entsprechend bestraft wird. Angesichts der Tatsache, dass man im Stadion nicht einmal mehr popeln darf, ohne dass es davon eine HD-Aufnahme gibt, dürfte das möglich sein.
Gleiches gilt für die Person auf der Waldseite, die meint, Union sei das passende Umfeld, um einen Hitlergruß zu zeigen. Auch hier hoffe ich auf Bildmaterial und entsprechende Maßnahmen.
Einen Böller auf die eigenen feiernden Spieler zu schmeißen, erfordert auch einen ganz besonderen Typ Gehirnspender. #fcunion
— Der Robert (@othertimes) February 10, 2018
Und wie geht es jetzt weiter?
Das ist eine spannende Frage. Felix Kroos hat gestern seine 5. Gelbe Karte gesehen und muss für das Auswärtsspiel bei Eintracht Braunschweig aussetzen. Für die Mannschaft geht es darum, aus diesem Sieg das Selbstvertrauen mitzunehmen und vielleicht so etwas wie eine Trendumkehr zu schaffen. Für alle, die auf den Punkte-Abstand zum oberen Relegationsplatz schielen, ist dieses Meme:
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So stellt man sich eigentlich jedes Heimspiel vor. Voller Einsatz von Anfang bis Ende, auch wenn nicht immer alles klappt und es Nackenschläge gibt. Einfach nicht nachlassen. Selbst wenn wir das Ding verloren hätten, wäre wohl kaum einer sauer gewesen. Weiter so.
Die Ruhe nach dem Schlußpfiff war zum großen Teil diesem unsäglichen Böller geschuldet, der die meisten erstmal fassungslos dastehen ließ…lebenslanges Stadionverbot, Anzeige wegen vorsätzlicher Dummheit und versuchter Körperverletzung sowie ein Restaurationsmaßnahmen erfordernder Ordnungsgong sollten die Konsequenz sein, peace.
Ja, das beherrschende Gefühl ist auch bei mir Erleichterung. Weil wir nicht mehr zu sehr nach unten schielen müssen, unsere nächsten Gegner wieder mit einer anderen Einstellung und mehr Respekt in die Spiele gehen werden, und wieder eine klitzekleine Chance auf Platz drei besteht. Allerdings hatte Deppendorf 59 gestern eher einen unterirdischen Tag, Mannschaft wie Trainer. Ich sehs wie Batman, Braunschweig ist der nächste Gradmesser. Das Unverständnis gegenüber der Vereinsführung wegen der gelinde gesagt unglücklichen Trainerentscheidung kann dieser eine Sieg nicht vergessen machen. Der Kloß wird noch lange in meinem Verdauungsorgan grummeln. Wie Sebastian vor dem Spiel gegen Ingolstadt geschrieben gar, kämpfen und siegen, jetzt erst recht. Hab übrigens im Spiel gegen Ingolstadt die Waldseite zumindest in der ersten Halbzeit selten so laut und geschlossen wahrgenommen. Danke Jungs ….
Teile wie immer großteils deine Analyse. Allerdings würde es uns bzgl Polter vielleicht mal gut stehen, weniger seine „Erlösergesten“ zu thematisieren und stattdessen mal dieses unsägliche Rumgeschwalbe anzusprechen. Finde das persönlich äußerst peinlich und unwürdig. Das Spiel gestern hat gezeigt, dass das Glück dem Tüchtigen auch auf redliche Weise 11er bescheren kann…
Ich fand Polti, trotz seiner vergebenen Großchance, gestern deutlich verbessert. Insbesondere in puncto Ballannahme. Weiß nicht, ob die Düsseldorfer ihn einfach nur nicht gut gestört haben, aber ihm ist gefühlt viel weniger versprungen und er hat effektiver für die Mitspieler abgelegt als zuletzt. Vielleicht wurde er auch einfach besser angespielt.
[…] kommt (erinnert sei an das Hitler-Gruß zeigen auf der Waldseite, das wir hier vor einigen Wochen erwähnt haben). Solchem Verhalten muss – so gut es irgend geht – entgegen getreten werden, und […]