Blog State of the Union

Ist niemand wirklich gut?

Heute spielt Union in Düsseldorf, und will sich mit einem Sieg im Aufstiegsrennen zurück melden.

Es fragt sich allerdings, wie rasant dieses Rennen überhaupt ist. Oder anders gefragt, ist niemand in der zweiten Liga wirklich gut?

Für diese ketzerische These spricht zum einen der Augenschein: der aktuelle Tabellenführer Hannover war noch vor zwei Wochen schlecht genug, seinen Trainer wechseln zu müssen. Der Zweite aus Stuttgart hat seit fünf Spielen nicht gewonnen (eine Serie, die heute wohl enden wird). Braunschweig schien in der Hinrunde über seinen Verhältnissen zu spielen und in der Rückrunde auf sein Mittel zurückzufallen. Union hat zwar sechs Spiele in Folge gewonnen, ist aber nicht erst in den letzten beiden Spielen, sondern auch schon gegen Karlsruhe und Dresden den Nachweis schuldig geblieben, ein stabiles und verlässliches Offensivkonzept zu haben, dass über gegnerabhängiges Umschaltspiel und individuelle Durchschlagskraft hinausgeht. Und Dresden spielt zwar für seine Verhältnisse eine exzellente Saison, ist aber eben ein Aufsteiger und punktemäßig noch ein Stück von der Spitze entfernt.

Für eine skeptische Haltung zu den Topteams der Liga gibt es auch Fakten, die sie untermauern. So hat nur Hannover wesentlich mehr Schüsse abgegeben als es selbst abwehren muss (4 pro Spiel), während Braunschweig, Union und Dresden sogar knapp negative Bilanzen in diesem Aspekt haben. Für die besten Mannschaften einer Liga ist das sehr ungewöhnlich. Braunschweig ist sogar das Team mit den meisten Schüssen gegen sich in der ganzen Liga [alle Statistiken via Whoscored], aber auch dasjenige, das ich momentan am schlechtesten bewerten kann – da könnte der Montagabend helfen.

Blätter und Seiten

Im Kurier schreibt Mathias Bunkus darüber, dass Jens Keller seiner Mannschaft auch trotz 1½ schwächeren Spielen Loyalität zugesichert hat, und bezieht das vor allem auf Kristian Pedersen, der gegen Aue unter taktisch erschwerten Bedingungen ein unglückliches Spiel hatte. Dazu auch der Tagesspiegel.

Der Däne kommt auch in einem Interview von Stephanie Baczyk mit Helmut Schulte (RBB) zur Sprache – Unions sportlicher Leiter führt seinen Transfer als den vielleicht gelungensten seiner Tätigkeit bisher an, abgesehen von Sebastian Polters Rückkehr.

Zusammenfassungen der Lage gibt es ebenfalls beim RBB und in der Süddeutschen Zeitung.

Update von 12:41:


Die Aufstellung überrascht ein wenig damit, dass Hosiner statt Kreilach und Redondo statt Hedlund spielt. Dass gerade Hedlund eine Pause bekommt ist wenig überraschend, dass mit dem anderen Wechsel wohl auf 442 umgestellt wird schon. Denn gegen die sehr passive, konventionelle Fortunawürde scheint ein geduldigerer, ruhiger Ansatz zielführender, der dieser Ausrichtung nicht besonders naheliegt. Vielleicht können ausweichende Bewegungen von Skrzybski, Hosiner und Redondo das ‚retten‘.

Einmal Rijeka immer Rijeka

Dort, wo Union gern wieder hin möchte, an der Tabellenspitze, steht schon HNK Rijeka.


Dass der vier Punkte Vorsprung auf Dinamo mit einem 1-1 gehalten werden konnte, freut Damir Kreilach. Noch sind einige Runden zu spielen, aber wer mitfiebern möchte, kann sich schon einmal den 27.5. vormerken. Dann treffen beide am letzten Spieltag noch einmal aufeinander.

Fußball in echt

Wer heute nicht in Düsseldorf ist, aber trotzdem Lust hat, die erste Mannschaft des 1. FC Union zu sehen, kann um 14 Uhr zur Fritz-Lesch-Sportanlage kommen, wo die 1. Frauen in der 2. Bundesliga den Bramfelder SV empfängt. Der ist momentan punktlos Tabellenletzter, nur einen Platz weiter vorn liegt Union, das mit einem Sieg wieder Anschluss an den Klassenerhalt herstellen will. Weiter geht es schon am Mittwoch, ebenfalls zuhause gegen Turbine Potsdam II.

Das letzte Spiel der vergangenen Saison gegen Viktoria. Photo: CC-by-SA Daniel Roßbach

Das ist auch die Stelle für ein mea culpa, denn entgegen meiner Vorhaben habe ich es in dieser Saison noch nicht geschafft, ein Spiel der Frauen zu sehen und darüber auf Eiserne Ketten zu schreiben. Das ist nicht gut.

Erinnernswerte Geschichte

Im Magazin der Süddeutschen Zeitung war in dieser Woche eine sehr interessante und bewegende Geschichte zu lesen: Die des Arztes Herrmann Horwitz, der in der Zeit zwischen dem ersten Weltkrieg und der Machtergreifung der Nazis als Mannschaftsarzt von Hertha BSC arbeitete, und in Auschwitz ermordet wurde.

Stolpersteine im Gedenken an Horwitz und vier weitere von den Nazis ermordete Berliner Juden Ecke Nachodstraße/Prager Straße in Wilmersdorf. Photo: CC-by-SA Daniel Roßbach

Der Artikel zeichnet nach, wie Historiker und Hertha-Fans das bemerkenswerte Leben und den Tod Horwitz nachvollzogen. Ausgangspunkt ist dabei, dass einer seiner Mithäftlingen in einer Schilderung des Horrors der Vernichtungslager erwähnt, dass Horwitz ihm mit seiner ärztlichen Einschätzung das Leben rettet.

Bedenkenswerte Gegenwart

Auf dem 11mm Filmfestival lief am vergangenen Wochenende der Dokumentarfilm Refugee Eleven, der eine Fußballmannschaft von Neuankömmlingen aus der Nähe von Köln porträtiert. Zu diesem Projekt gehört neben dem Langfilm – über den ich schon auf Eiserne Ketten geschrieben habe – auch eine Serie von Begegnungen zwischen den Spielern der vierten Mannschaft des SC Germania Erftstadt-Lechenich und Profifußballern, die ebenfalls Fluchterfahrungen haben.

Die erste dieser Begegnungen – zwischen Abdullah Youla Daffe und Neven Subotic – ist nun zu sehen, weitere, unter anderem mit Eroll, werden folgen.


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