Die entscheidende Szene zum 1:2 des VfL Bochum in der Alten Försterei habe ich verpasst. Fünf Minuten vor Spielende lief ich um das Stadion in Richtung Haupttribüne, als ich ich plötzlich Schreie hörte. Doch es war nicht die übliche Eruption, die noch viele hundert Meter weiter die Tauben am S-Bahnhof Köpenick auffliegen und die Enten auf der Wuhle das Weite suchen lässt. Vielmehr klang es wie ein entfernter Jubel. Dabei hatte Union gerade vor 18.823 Zuschauern den Ausgleich zum 1:1 geschafft. Ein Freistoß. Direkt. Nicht Mattuschka, der heute schon gar nicht der beste Mann war, sondern durch Kreilach. Damir Kreilach.
Foto: Koch
„Unlucky“, sagte der Kroate danach. Und auch noch: „Unfortunately, we have lost the game. Unlucky goals against Bochum.“ Dazu machte der 24-Jährige noch so ein trauriges Gesicht, dass ich ihn am liebsten in den Arm genommen hätte. Ganz im Gegensatz zum Verursacher der letztlich spielentscheidenden Szene, von der ich nur die Rufe „Schieber! Schieber!“ hörte. Sehen konnte ich nichts. Aber ich fühlte die Empörung. Nichts fühlt sich gerechter an, als sich über Ungerechtigkeit zu beschweren. Der Jubel der Bochumer verschwand in der Welle der Wut. Mario Eggiman spielte den Ball klar mit der Hand, der nicht immer glücklich pfeifende Schiedsrichter Günter Perl zeigte auf den Punkt und Maltritz verwandelte.
Eggiman zweifelt Elfmeterpfiff an
„Natürlich wurde ich geschubst. Sonst passiert das ja nicht“, sagte Eggiman routiniert danach. „Ich komme aus dem Gleichgewicht und darum ist das Handspiel da. Ich glaube aber trotzdem, dass der Stoß vorher ein Foul ist.“ Handspiel klar, aber bitte vorher das vorgebliche Stürmerfoul des ehemaligen U19-Europameisters Richard Sukuta-Pasu pfeifen. So die Linie von Eggiman. In jedem Wort ist spürbar, dass den 32-jährigen Schweizer wenig aus der Ruhe bringt. Auch nicht die unkonzentrierte Vorstellung seines Teams. Alles schon erlebt. Ungerechtigkeit ebenso wie ein Spiel, in dem einfach nicht alles so klappen will, wie es die Wochen vorher in der Vorbereitung wunderbar funktionierte.
Bochums Peter Neururer steht in dem Moment nach dem Spiel nur knapp neben Eggiman. Und natürlich wird er gefragt, was er von dem Statement des Verteidigers hält. Der Coach hält kurz inne, überlegt und sagt dann vielsagend: „Man muss nicht jedes Wort glauben, dass Fußballer nach einem Spiel sagen.“ Jede einzelne Silbe dieses Satzes klingt mehr nach der lässigen Abgeklärtheit von Helmut Schmidt als nach dem angeblich dampfplaudernden Peter Neururer, wie er medial gepflegt wird.
Und genau diese Worte versöhnen mich auch mit dem Spiel, das kaum meinen Erwartungen gerecht wurde. Ich vergesse die einfallslos nach vorne getragenen Angriffsbemühungen, die nicht abgestimmten Laufwege, das riesige Loch im Mittelfeld und die Suche nach dem Unioner, der eigentlich vor Außenverteidiger Marc Pfertzel auf der rechten Außenbahn hätte spielen sollen. Peter Neururer hat viel erlebt und zu vielem eine Meinung. Aber die Frage nach Eggimans Standpunkt ist ihm nicht wichtig. Und mir dann irgendwie auch nicht. Denn sie hat zwar das Spiel entschieden, war aber nicht spielentscheidend.
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