Die Europameisterschaft 2012 wird in Polen und der Ukraine stattfinden. Wenn sich Nachrichten und Dokumentationen der Ukraine nähern, ist viel vom Gegensatz zwischen Ost und West, von der Sprachgrenze zwischen Ukrainisch und Russisch die Rede. Um den tatsächlichen Gegensatz zwischen einer reichen Machtelite und Menschen, die sich irgendwie durchwursteln, geht es hingegen in dem Dokumentarfilm „The other Chelsea – A Story from Donetsk“ des Berliners Jakob Preuss.
Die Donbass-Arena bringt den Bergarbeiter Sascha und den Politiker Kolja zusammen. Fast entsteht der Eindruck, dass der Fußball diesen größtmöglichen Gegensatz zusammenbringt. Aber tatsächlich sind beide im Stadion von Schachtar Donezk nur gleichzeitig an einem Ort. Der Bergarbeiter Sascha bringt als Fan seine letzten Ersparnisse auf, um seinem Klub im Europapokal zu folgen. Kolja sieht den Klub und dessen Erfolge, wie den Gewinn des UEFA-Cups 2009, als Vehikel für seine politische Karriere.
Über allem steht Rinat Achmetov. Der reichste Mann der Ukraine. Daher der Filmtitel. Mit dem Unterschied, dass Achmetow aus Donezk stammt und seinen Klub liebt. Ein großer Unterschied zu Abramowitsch und Chelsea. Seit der vormalige Präsident 1996 einem Bombenattentat zum Opfer fiel, ist er Klubpräsident.
Doch im Film taucht Achmetow nicht auf. Kolja, der aufstrebende Jung-Oligarch, spricht von ihm nur mit gesenkter Stimme. Jakob Preuss erklärt das so: „In Donezk herrscht eine wahnsinnige Obrigkeitshörigkeit. Der Name von Achmetow wird nicht genannt. Er wird dann nur als ‚der Präsident‘ tituliert. Es ist zu spüren, dass er über Karrieren oder ihr Ende entscheidet.“
Die wilden 90er Jahre sind vorbei. Trotzdem hat Kolya Angst bekommen. Er will die Rechte an dem Film kaufen, damit er in der Ukraine nicht ausgestrahlt wird. Er befürchtet, dass seine politische Karriere, die in der Ukraine mit der Lizenz zum Gelddrucken verbunden ist, Schaden nimmt. Ganz anders die Bergarbeiter, die pragmatisch sind und bei der täglichen Arbeit ihr Leben riskieren. Zum aus Donezk stammenden Präsidenten Janukowitsch, der von ihnen gewählt wurde, haben sie eine klare Meinung: „Besser ein Bandit von uns, als ein Bandit von den anderen.“
Der Film des 35-jährigen Jakob Preuss zeigt, wie oberflächliche Gegensätze nur scheinbar welche sind. Natürlich kann sich Kapitalismus mit sowjetischer Nostalgie verheiraten. Das ist kein Widerspruch. Ein Bild von Stalin im Büro macht eben noch lange keinen Kommunisten. Ganz im Gegenteil.
Der Film „The other Chelsea“ läuft in Berlin im Kino:
19. April 2011 20:30 Uhr Filmtheater am Friedrichshain
20. April 2011 18:00 Uhr Passage
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