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Alte Tante, neues Image

Hertha wurde in den letzten Jahren sehr häufig der Vorwurf gemacht, sich bei der Öffentlichkeitsarbeit zu sehr an der großen Welt und in der Region Berlin-Brandenburg vor allem um das Umland gekümmert zu haben. Dies sei verantwortlich für das bisweilen blasse oder graue Image des Vereins. Seit dem Weggang des Managers Dieter Hoeneß, der aus dem blau-weißen „schlafenden Riesen“ einen Verein in Richtung Bayern München machen wollte, hat sich in der Öffentlichkeitsarbeit einiges geändert. Der Abstieg in die zweite Liga wurde zum Anlass genommen, stärker als Berliner Verein mit Ecken und Kanten wahrgenommen zu werden. Als Beispiel können die Videos „Zeckes Außenbahn“ von Andreas Neuendorf gelten.

Ein weiterer Punkt bei der Rückbesinnung auf Berlin ist die Aktion „Hertha hautnah“. Der Verein wird im Laufe der Saison fünf Mal in der Stadt auf Plätzen anderer Vereine trainieren. Heute war die Premiere auf dem neuen Gelände von Sparta Lichtenberg. Etwa 600 Anhänger kamen auf den Platz des Landesligisten, der als Skyline das Kraftwerk Rummelsburg und die Hochäuser des Stadtteils zu bieten hat. Neben den üblichen Aufbauten eines lokalen Radiosenders und von Sponsoren gab es einige echte Anreize. Zum Beispiel mehr als 50% günstigere Tickets. Der Heimatverein wurde auch bedacht und erhielt neben der medialen Aufmerksamkeit auch 50 Cent von jeder verkauften Bratwurst und jedem verkauften Bier.

Dass der Slogan „Hertha hautnah“ nicht einfach nur eine leere Hülse war, konnte man in den Gesichtern der Anhänger lesen. Diese umlagerten den Trainer Markus Babbel oder den verletzten Patrick Ebert. Trotz bedeckten Himmels und einsetzenden Nieselregens war die Stimmung freudig aufgeregt. Den Fans war anzumerken, dass sie einerseits selbst selten ein Training der Hertha besucht noch die Spieler derart nah zu Gesicht bekommen hatten. Nach dem Training, das abgesehen vom Umfeld eine normale Einheit war, kamen Spieler wie Raffael kaum zur Umkleide. Sie bewegten sich schleppend in einer Traube von Kindern vom Platz, die schnatternd nach Autogrammen verlangten.

Auch Unions Pressesprecher Christian Arbeit schaute vorbei und beobachtete den Trubel. Das neue Image scheint zu fruchten, wobei natürlich ein erster Platz in der Tabelle eine mehr als gute Unterstützung ist. Und doch lugt ab und zu die alte Hertha noch hervor, die etwas angejahrt riecht. Nicht in Lichtenberg, sondern via Bildzeitung, in der Frank Zander ein neues Herthalied exklusiv vorstellte. Abseits der bekannt fürchterlichen Fußballyrik beeindruckt das Stück mit offensichtlich zeitloser musikalischer Untermalung aus den 80er Jahren. So mancher Herthafan entschuldigte sich schon für die Entgleisung. Aber Herthas Pressesprecher Gerd Graus nimmt die Angst, dass das Lied die neue Hymne werden könnte. Das, so Graus, würden die Fans im Stadion entscheiden.

Bilder: Sebastian Fiebrig

1 Kommentar zu “Alte Tante, neues Image

  1. Schöne Aktion. Vor allem toll, dass der Verein seine Slogans endlich beginnt wörtlich auch zu nehmen. Vor drei Jahren verstand das Management unter „Hertha hautnah“ Spieler wie Gäng, Cuvré, Babic, Bigalke und den damals noch unbekannten Domovchiyski zu solchen Events zu schicken. Mit Stars zum anfassen hatte das nich besonders viel zu tun.

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