Oberliga-Punktspiel am 26. August 1978, Union gegen Erfurt. Was man heute Stadionheft nennt, waren zwei auf Hälfte gefaltete, ineinander gelegte DIN-A4-Blätter, und man sagte „Fußballprogramm“ dazu. Das Union-Logo ist 30 Jahre später immer noch unverändert. Nur sehen wir es heutigentags seltener in schwarzweiß.
Ganz schwummerig wird mir angesichts der Reklame im Heft. Ich hatte die DDR ja als weitgehend werbefreie Zone in Erinnerung. Man kauft eben, was es gibt, und bastelt sich selber, was es nicht gibt. Der Rest wächst im Garten. Zementsäcke und Kaffee sind gängige Währungen. Werbung also. Für einen Ladenhüter namens Jugendmode. Klingt nicht wie ein Markenname, war aber einer. Jugendmode war später mit einer Kosmetiklinie namens „action“ verbunden, die rosa-schwarz kariert verpackten Nagellack im Sortiment hatte. Ich erinnere mich an eine Fliege, die lebend auf einer mit „action“ gesprayten Fönfrisur landete und tot herunter fiel. Ich erinnere mich schrecklicher Weise sogar an den Namen der Frisurenträgerin.
Das Fußballpublikum fand Werbung schon damals scheiße, wie auf Seite 4 nachzulesen ist. Befragt, wie es sich die Gestaltung des Stadionheftes wünsche, antwortete es, es wolle statt dessen lieber Texte lesen. Die Redaktion schrub zurück, dass dies „bei der ehrenamtlichen Ausarbeitung der Manuskripte eine kaum zu bewältigende Mehrbelastung“ bedeute. „Außerdem müssen wir auch etwas ökonomisch denken, denn mit Anzeigen wird das Programm finanziell gestützt.“
Einig waren sich Redaktion und Leser aber darüber, dass die Mannschaftsaufstellung auf die Rückseite des Heftes gehört. Und zwar nicht als Namensliste, sondern der taktischen Aufstellung entsprechend. „Die Form, die Spielernamen untereinander aufzuführen wird ausnahmslos abgelehnt.“
Achso, das Spiel ging gemäß handschriftlicher Notiz des Eigentümers auf dem Deckblatt des Programmheftes 0:0 aus. So war das, und nein: ich war nicht dabei.
Nadine und Mario, ich danke euch für dieses Juwelenkästchen der Erinnerung!
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