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Nachgefragt.

Wie versprochen gibt es heute das Interview mit Holger Bahra, dem Torwarttrainer des 1.FC Union Berlin.

Holger, kannst Du Dich noch dran erinnern, warum Du mal angefangen hast mit Fußballspielen?
Das ist lange her, angefangen hab ich so mit 5-6 Jahren. Mein Vater hat aktiv Handball gespielt, und er meinte, dass beim Fußball das Zuschauerinteresse einfach größer ist. Du denkst mit 6 Jahren natürlich nicht an Berufsfußball. Aber die Richtung wurde schon so vom Elternhaus gelenkt.

Und wolltest Du Torwart werden, oder bist Du das eher versehentlich geworden?
Nein, das hat sich einfach irgendwann so ergeben. Ich hab auch draußen im Feld gespielt, aber wie es so ist – dann fehlt mal einer, und der größte geht ins Tor. Und das hat ganz gut geklappt. Ich hab mit sieben, acht Jahren immer noch gewechselt, draußen/drinnen gespielt, keine feste Position gehabt.

Ein paar Spieler, Steffen Baumgart zum Beispiel, oder David Bergner, haben zum Ende ihrer aktiven Zeit angefangen, den Trainerschein zu machen, weil klar war, dass sie im Bereich Fußball bleiben wollen. Wie sah der Wechsel zur Trainerseite bei Dir aus, der ja mitten in die Wendezeit hinein fiel?
Ich hab vor der Wende in Magdeburg gespielt, und es gab dort die Möglichkeit, an der DFK zu studieren, im Fernstudium. Das hat sich über fünf Jahre hingezogen, danach war ich Diplomsportlehrer. Nach der Wende brach einiges zusammen, auch im Fußball. Ich hatte mir gesagt, na gut – machst du eben eine Umschulung, und hab auch wirklich eine gemacht, im Kfz-Bereich, was Handwerkliches … Und dann bin ich mit ´nem bißchen Glück hier reingerutscht. Damals war der Sportdirektor hier Lothar Hamann, den kannte ich noch, und der rief mich an: wir brauchen einen Torwarttrainer. Ich hab das erst nebenberuflich gemacht. Es wurde dann immer mehr, ich war auch im Nachwuchsbereich tätig, so dass es jetzt ein fulltime-Job geworden ist.

Seit wann bist Du eigentlich hier?
Seit Februar 2005.

Du trainierst nicht nur Jan Glinker, sondern die anderen Torhüter auch?
Priorität haben die, die zur ersten Mannschaft gehören – also Carsten Busch, der leider länger ausfällt, Eric Niendorf, der jetzt zur Auswahl ist [U21-Länderpokal], und Jan Glinker. Dann bin ich aber natürlich auch bei der Zweiten, um mir zumindest mal den Leistungsstand des Nachwuchses anzusehen.

Wie stark bist Du als Torwarttrainer vom Cheftrainer abhängig? Hergekommen bist Du noch unter Frank Lieberam, wenn ich mich richtig erinnere.
Sicherlich ist man da vom Chef abhängig. Es gibt ja nicht nur die individuelle Sache des Torwarttrainings, du musst den Keeper ins Mannschaftsgefüge einbeziehen, bei Spielen, bei Torschussübungen und so weiter, und du musst absprechen, was auf dem Programm steht – und das entscheidet immer der, der den Hut auf hat, und den sie zuerst fragen, warum es nicht läuft.

Ist es für Dich interessant, Dir andere Torhüter anzusehen, den Adler, oder den Rensing oder den Neuer – was die so können, und wie da trainiert wird, oder ist das zu weit weg?
Nein, das wär schon interessant, aber weil wir dann meist selber spielen, Samstag oder Sonntag, hast du da kaum Chancen, dir das anzusehen, höchstens vielleicht mal bei der Hertha. Ich verfolge das in den Medien, aber wenn man vor Ort ist, ist das immer ganz anders.

Und vergleichst Du das mit Deiner Arbeit? Was ist für Dich ein guter Torwart?
Einen Torwart zeichnen Sachen aus wie Stellungsspiel, Reaktion, Reflexe, Strafraumbeherrschung, auf der Linie – das sind die Komponenten, die im Vordergrund stehen. Mannschaftsdienliches Spiel kommt dazu. Und durch die Änderung der Rückpassregel muss der Torwart die Bälle mit den Füßen annehmen können. Klar sieht man bei den anderen dann auch, wo die etwas voraus sind, aber auch, wo sie es nicht sind. Und die da in der ersten Bundesliga spielen, die haben da schon ihre Berechtigung, und die sind natürlich einen Tick weiter als unsere.

Beim Spiel gegen Magdeburg spielte Jan Glinker in den letzten zwei, drei Minuten nur noch in der gegnerischen Hälfte. Macht auch das einen guten Torhüter aus, dass er praktisch „fangender Feldspieler“ ist?
Naja – der Spielstand war 2:1 für Magdeburg, und dann spielst du eben in den letzten zwei, drei Minuten alles nach vorne. Das hat man auch in der Bundesliga schon gesehen, dass der Torwart in solchen Situationen im gegnerischen Strafraum nochmal für Verwirrung sorgt – oder eben auch nicht. Ansonsten sollte man aber die Ordnung schon behalten.

Ich glaub, es war Neuer, dem sein Trainer bescheinigt, als Feldspieler durchaus regionalliagatauglich zu sein.
Klar. Das Spiel geht dahin. Du musst die fußballerische Komponente mitbringen, Rückpässe anzunehmen oder direkt zu schlagen. Der Torwart muss nicht nur fangen, der muss auch fußballerisch mitdenken und spielen können.

Wenn der Torwart zweimal hintereinander Unioner des Jahres geworden ist, weiß der Torwarttrainer, dass er alles richtig gemacht hat. Er weiß aber auch, dass er da einen sehr talentierten Spieler vor sich hat. Gehört einer wie Jan Glinker in die Dritte Liga?
Er hat noch einen Vertrag bis Ende der Saison, und sicherlich wird man versuchen, wenn die Leistungen stimmen, also weiterhin so bleiben, ihn zu halten. Aber es werden sich auch andere Vereine umsehen, auf der Suche nach guten Spielern ist jeder Verein – und auch nach guten Torhütern. Und Jan Glinker ist noch jung, also entwicklungsfähig. Das muss noch nicht das letzte gewesen sein, und jeder sollte danach streben, so hoch wie möglich zu spielen. Und er will das auch, sicherlich.

Würdest Du von Dir selber sagen, Du bist auch Fußballfan, oder ist Fußball ein Beruf, und zuhause züchtest Du dann aber lieber Rosen? Oder kann man das gar nicht so trennen?
Das kannst du nicht trennen, das ist ein nahtloser Übergang. Du kommst nach Hause, stellst den Fernseher an und siehst Fußball, und nicht irgendeine Serie. Wobei man da im Stadion natürlich immer noch einen ganz anderen Blick hat als beim Fernsehen, weil man da, auch wenn die Kamera gerade nicht beim Torwart ist, sieht, wie er sich zu dem Spiel verhält. Geht er raus, spielt er mit, spielt er nicht mit? Das siehst du ja im Fernsehen recht selten, das torwartspezifische Spiel ist im Fernsehen kaum auszumachen.

Du gehst also schon noch ins Stadion und kuckst Dir was an?
Soweit es meine Zeit erlaubt, klar. Ich mach aber auch viel Spielbeobachtungen bei unterklassigen Mannschaften.

Das ist dann aber auch nicht zum Spaß, weil Du sagst, ich möcht´ mir jetzt mal schönen Fußball ankucken, Championsleague oder so.
Doch, schon – der Spaß lässt sich mit dem beruflichen gut verbinden. Ich sag nicht „oh, Scheiße, jetzt musst du da hin“, ich guck mir das Fußballspiel an und gleichzeitig gewinne ich Erkenntnisse.

Hast Du´n Lieblingsspieler?
Meine Lieblingsspieler sind immer die, die die Tore machen. Oder, die die hinten keine kassieren.

Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast!


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2 Kommentare zu “Nachgefragt.

  1. „Sehr schön, sowohl das hier: „… und das entscheidet immer der, der den Hut auf hat, und den sie zuerst fragen, warum es nicht läuft.“ als auch die Tatsache, überhaupt so ein Interview zu lesen zu bekommen. Danke, Steffi (oder steffi?).“

    -das schreibt mir der trainer (http://www.trainer-baade.de/) grad per mail, weil meine kommentarfunktion offenbar rumbockt.

    danke!

  2. […] erste Interview, das ich jemals für’s Textilvergehen geführt habe, war eines mit Holger Bahra. Ich war jung jünger, ich wusste nicht, wie Interviews funktionieren, […]

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